Mittwoch, 18. Dezember 2013

Schinkenherstellung kurz erläutert

Jedes Mal, wenn ich auf der Suche nach verschiedenen Lösungswegen für neue Kreationen bin, wird man meistens nicht fündig, weil alle Leute andauernd ihre Geheimnisse für sich behalten. Darum will ich euch eine kurze Einweisung in die Schinkenherstellung mit meinen bisherigen Erfahrungen geben.

Wie sollte man vorgehen und was sollte man beachten bzw. vorbereiten? Zunächst muss man sich Gedanken darüber machen, welche Mittel man hat. Hat man alle Geräte und Räumlichkeiten zur Verfügung um einen Schinken herzustellen. Was man im Groben zur Herstellung eines Schinkens braucht liste ich nachfolgend kurz auf. Dabei sind alle Geräte und Zutaten für jede Art der Herstellung. Entscheidet man sich beispielsweise für die Trockenpökelung, dann benötigt man nicht alle aufgelisteten Dinge.

Geräte:
- Vakuumiergerät
- Waage mit Messgenauigkeit 1g
- Waage mit Messgenauigkeit 0,1g
- Vakuumbeutel (Siegelrand, glatt oder semipermeable Dry Age Beutel)
- Schinkennetz
- Einziehrohr
- Schinkenform
- Einkochtopf 
- Wurstschnur
- Mörser
- Gewürzmühle
- Schere
- Messer
- Eimer mit Deckel
- Kochtopf
- Kalträucherschrank
- Heißräucherschrank
- Sägemehl fein (Buche bspw. KEINE Nadelhözer!!!)

Die gängigsten Gewürze und Zutaten:
- Nitritpökelsalz (NPS)
- Zucker
- Pfeffer
- Paprika
- Knoblauch
- Piment
- Wacholderbeeren
- Kümmel
- Koriander
- Fenchel
- Fleisch (Rind, Schwein, Geflügel o.a.)

Wenn man diese Geräte und Zutaten Zuhause hat, muss man sich fragen, welche Art der Pökelung man vornehmen will. Es ist zu unterscheiden zwischen der Trockenpökelung und der Nasspökelung. Beide Varianten laufen auf das gleiche Ergebnis hinaus, einen Schinken. 

Das Fleisch:
Zuerst besorgt man sich ein Stück Fleisch und alle Gewürze, die man verwenden will. Normalerweise wird für die Schinkenherstellung die Hinterkeule vom Schwein verwendet. (Alles andere darf offiziell nicht als Schinken bezeichnet werden, aber wir sind hier nicht so kleinlich.) Aber wer hat schon die notwendigen Utensilien um solch ein riesen Stück Fleisch zu verarbeiten. Ich nehme deshalb immer Schulter. Das schmeckt an sich genauso gut und ist nicht so eine riesen Portion. Je nachdem, wie viel Fett man an dem Schinken mag, sollte man sich das Stück Fleisch zurecht schneiden. Alles, was in irgendeiner Weise knorpelig oder sehnig ist, muss weg geschnitten werden. Ebenso alle Stellen, die verfärbt sind. Danach wird das Fleisch gewaschen und gewogen. Das Fleisch muss nicht zwangsläufig ein Muskelstrang sein, sondern kann auch aus mehreren Teilen, die aneinander hängen bestehen. Gerade bei der Herstellung eines Kochschinkens ist das relativ egal. An Fleischsorten kann man eigentlich alles verwenden, was man mag. Bei Weide- und Waldtieren sollte man das Fett möglichst pinibel abschneiden, da dies einen starken Eigengeschmack aufweist. Wenn man noch keinen Schinken hergestellt hat, sollte man aus Erfolgs- und Kostengründen zunächst Schwein probieren. Wenn man die Tricks einmal heraus hat, kann man sich auch an Geflügel probieren. Doch gerade hier ist sehr große Obacht geboten, da Geflügelfleisch eine hohe Belastung an Salmonellen aufweisen kann, was zu blutigen Durchfällen und Erbrechen führen kann.

Die Trockenpökelung:
Bei der Trockenpökelung werden grundlegend alle Gewürze miteinander vermengt. Das abgewaschene und abgetrocknete Fleisch wird von allen Seiten mit den Gewürzen eingerieben und in einen Vakuumbeutel gepackt. Je nachdem, was für ein Stück Fleisch man hat und welche Form es bekommen soll, kann man es vor dem Vakuumieren oder einlegen in eine Lake in ein Schinkennetz einziehen. Dazu kann man sich aus dem Baumarkt ein Standardrohr für einen Abluss kaufen. Der Durchmesser sollte mindestens 100mm betragen. Auf dieses Rohr wird das Schinkennetz aufgzogen und das Fleisch von einer Seite durchgeschoben. Die beiden Enden des Netzes werden miteinander verknotet. Somit ist das Fleisch in Form gebracht und kann nach dem Vakuumieren aufgehängt werden. 
Nun wird das Fleisch vakuumiert und muss je nach Größe des Fleisches etwas 3 Wochen im Vakuum verbringen. Dabei wird das Fleisch im Kühlschrank gelagert. Alle zwei Tage wird das Fleisch im Beutel massiert, damit die Gewürze besser einziehen. Dabei wird das Fleisch immer auf die Seite gelegt, die vorher oben lag. Wie lang man das Fleisch letztenendes Pökelt ist Erfahrungssache und viele Leute streiten sich darüber. Es gibt die verschiedensten Theorien und Hinweise nach Durchmessern des Fleisches, beispielsweise pro cm Durchmesse 1 Tag pökeln + 3 Tage extra oder dergleichen. Man kann auch einfach davon ausgehen, dass das Fleisch nur eine bestimmte Menge an Salz aufnehmen kann. Danach ist es im Prinzip egal, ob es noch 2 Tage oder 2 Monate im Salz liegt. Aber das muss jeder für sich herausfinden.
Ich belasse mein Fleisch, was sich im Normalfall zwischen einem und 3Kg bewegt 3 Wochen im Vakuum. Wichtig für die nächsten Schritte ist die Menge Salz, die man pro Kg Fleisch verwendet hat. Verwendet man weniger als 45g Salz pro Kg Fleisch, so muss nach dem Pökeln nicht gewässert werden. Verwendet man mehr als 45g Salz pro Kg Fleisch, so muss das Fleisch nach dem Durchbrennen 12 Stunden in kaltem Wasser eingelegt werden, das in der Hälfte der Zeit, also nach 6 Stunden gewechselt wird. 
So oder so wird das Fleisch nach 3 Wochen Pökelzeit aus dem Vakuum genommen. Die Gewürze und die entstandene Lake werden abgeschüttet und grob vom Fleisch entfernt. Nun wird das Fleisch für 2 Tage zum Nachbrennen aufgehängt. So bezeichnet man den Vorgang, dass die Gewürze und das Salz noch einmal nachträglich in das Fleisch einziehen können. Anschließend werden sämtliche Gewürze von dem Fleisch unter kaltem Wasser abgewaschen. Wurden mehr als 45g Salz pro Kg Fleisch verwendet, muss das Fleisch nun für 12 Stunden gewässert werden. Das passiert ebenfalls in kaltem Wasser. Danach wird das Fleisch abgetrocknet und 1-2 Tage zum Trocknen aufgehängt. Dies sollte in einem dunklen, kühlen Raum (8-15°C) geschehen. Es sollte ein leichter Luftzug im Raum vorhanden sein, damit die Luft nicht stockt und die Feuchtigkeit vom Fleisch weg getragen wird. Der Zug sollte allerdings nicht so stark sein, dass der Schinken an der Oberfläche zu schnell austrocknet, da sonst ein Trockenrand entsteht und die Flüssigkeit im Inneren des Schinkens nicht mehr nach außen treten kann. Somit bleibt der Schinken innen feucht, kann nicht mehr atmen und beginnt allmählich zu schimmeln. 
Ist der Schinken nach 1-2 Tagen getrocknet, kann er weiterbehandelt werden. Wie, erfahrt ihr weiter unten.

Die Nasspökelung:
Die zweite Variante einen Schinken zu pökeln oder einzusalzen besteht in der Nasspökelung. Dabei wird eine Lake angesetzt. Die Lake besteht aus Wasser und den Gewürzen. Auch hierbei streiten sich oft die Gemüter über die Richtigkeit der verwendeten Konzentrationen. Im Allgemeinen wird auf 1l Wasser 120g Salz verwendet um eine 12%ige Lake herzustellen. Da dies rein rechnerisch jedoch nicht richtig ist, da man mit dieser Rechnung ein Gesamtgewicht von 1120g oder ml hat, müssen theoretisch auf 880ml 120g Salz gegeben werden. Welche Art der Rechnung ihr bevorzugt sei euch überlassen. Ihr solltet euch nur merken, welche Art ihr wählt und euch dazu eure Notizen machen. Für die Nasspökelung werden Konzentrationen von 8-12% genommen, also 80-120g Salz pro 1l Wasser oder eben je l Wasser abzüglich des Gewichtes vom Salz.
Das Fleisch wird genauso, wie beim Trockenpökeln von Knorpeln und Sehnen befreit. Blutreste etc. werden ebenfalls entfernt und das Fleisch abgewaschen. Die Lake kann mit dem Salz und den Gewürzen aufgekocht werden um sicher zu gehen, dass eventuelle Bakterien abgetötet werden. Diese können gerade in getrockneten Gewürzen, wie Majoran auftreten. Es ist jedoch kein Muss die Lake zu kochen. Tut man dies, muss sie komplett abkühlen, bevor das Fleisch eingelegt wird. Wie viel Lake man verwendet, wird ebenfalls überall unterschiedlich diskutiert. Manch einer sagt, dass man 1/3 vom Fleischgewicht als Lake nehmen soll, manche sagen, dass es 1:1 sein soll und die nächsten verwenden ein Verhältnis von 3:1. Dieses verwende ich bei meinen Schinken. Auf 1 Kg Fleisch gebe ich ungefähr 3l Lake. Darin lasse ich das Fleisch je nach Größe 1 bis 2 Wochen pökeln. Das Pökeln erfolgt bei mir, indem ich die Lake in einen Plastikeimer fülle, das Fleisch hinzugebe und das Ganze möglichst luftfrei mit einem Deckel verschließe. Die Lake sollte alle 2-3 Tage etwas geschüttelt werden, damit sich das Salz und die Gewürze, die sich am Boden gesammelt haben wieder lösen. Nachdem die Pökelzeit vorüber ist, wird das Fleisch aus der Lake genommen. Die Lake wird entsorgt. Das Fleisch wird mit kaltem Wasser abgespült und für 1-2 Tage zum Trocknen aufgehängt. Die Bedingungen sollten dabei die gleichen sein, wie bei der Trockenpökelung.

Die weitere Behandlung:
Nachdem das Fleisch egal auf welche Art in Salz eingelegt wurde, ist nun der Grundstein zur weiteren Verarbeitung gelegt. Es gibt hier verschiedene Möglichkeiten das Fleisch weiter zu behandeln. Entweder es wird luftgetrocknet, in Asche getrocknet, geräuchert oder zu einem Kochschinken weiter verarbeitet. Das geht allerdings nur, wenn das Verfahren der Nasspökelung angewandt wurde, da bei der Trockenpökelung bereits zu viel Fleischsaft entzogen wurde und der Kochschinken damit viel zu trocken werden würde. 
Für den Prozess der Lufttrocknung wird der Schinken nicht geräuchert, sondern nach den zwei Tagen des Abtrocknens einfach hängen gelassen. Das erfolgt solange, bis die gewünschte Festigkeit erreicht ist. Will man den Schinken eher weich, wie eine Art Lachsschinken, sollte man ihn nach etwas 1-2 Wochen anschneiden. Will man ihn trockener und fester, wie einen Serranoschinken, so sollte er wesentlich länger hängen bleiben. Der Zeitraum bezieht sich dabei auf mindestens 4 Wochen bis ca. 2 Jahre. Man braucht dabei keine Angst zu haben, dass das Fleisch schimmelt. Hat man alles richtig gemacht, trocknet es immer weiter aus. Der so genannte aw-Wert des Fleisches sinkt bis zu einer gewissen Marke. Dieser Wert gibt den Anteil des freien Wassers im Fleisch an. Ist dieser niedrig genug, bietet das Fleisch keinen Nährboden für Bakterien mehr, da sich diese nur in einer feuchten Umgebung vermehren können. Das Fleisch sollte lediglich vor hohen Temperaturen geschützt werden, damit das Fett nicht zu schwitzen beginnt und tranig wird.
Das gleiche Prinzip erfolgt bei der Trocknung in Asche. Dazu sollte nur reine Buchenasche verwendet werden. Die Asche wirkt desinfizierend und gibt dem Ganzen ein gewisses Aroma. Das Fleisch kann ohne separat verpackt zu werden direkt in die Asche gelegt werden und damit bedeckt werden. Ich empfehle euch dabei allerdings keine zu kleinen Stücke Fleisch einzulegen, da man hinterher die Randschicht abschneiden sollte. Geschmacklich weisen die luftgetrockneten Schinken einen sehr bodenständigen, natürlichen Geschmack auf. Das typische Aroma des Fleisches kommt hierbei am besten zutage. Viele Leute mögen es nicht, wenn der Schinken beispielsweise zu sehr nach Schwein schmeckt. Andere mögen dies umso mehr.

Kochschinken:
Will man aus dem nassgepökelten Stück Fleisch einen Kochschinken zubereiten, so wird das Fleisch am Besten in eine geeignete Schinkenform gegeben. Hat man keine zur Hand, reicht auch ein Vakuumbeutel aus. Es kann hilfreich sein, wenn das Fleisch mit Gelatinepulver eingerieben wird, damit die entstehende Flüssigkeit besser geliert. Zwar hat das Fleisch eine gewisse Menge an Klebereiweiß, aber das reicht bei den mageren Stücken nicht unbedingt aus, die entstandene Gelatine ordentlich fest werden zu lassen. Ansonsten wird der Kochschinken in der Form pro cm Durchmesser ca. 1 Minute "gekocht". Dabei sollte die Temperatur des Kochwassers etwa. 75-80°C haben. Der Schinken sollte in der Mitte eine Kerntemperatur von mindestens 70°C erreichen. Hat er weniger, besteht die Gefahr, dass sich der Schinken nicht lange hält und im Kern noch roh ist. Ist die Temperatur höher, so kann es sein, dass der Schinken zu trocken wird. 
Nach Erreichen der Kerntemperatur sollte der Schinken in der Form aus dem Wasser genommen werden und in der Form abkühlen. Das funktioniert im Kühlschrank einwandfrei. Anschließend kann der Schinken aus der Form entnommen und gegessen werden.

Räuchern:
Soll der Schinken geräuchert werden, gibt es hierzu auch zwei verschiedene Varianten. Das Heißräuchen, mit Temperaturen über 20°C und das Kalträuchern mit Temperaturen unter 20°C. Das Heißräuchern erfolgt beispielsweise zur Herstellung eines Kochschinkens, wenn dieser nicht gekocht wird, sondern im Heißrauch bis auf die gewünschte Kerntemperatur erhitzt wird.
Für den Kaltrauch wird üblicherweise ein externer Rauchgenerator verwendet, damit sich der Rauch entpsrechend abkühlt, bevor er am Fleisch ist. Als Räuchermehl verwendet man normalerweise Buchenspäne. Es gehen aber auch Späne anderer Holzarten. Die Späne von Nadelhölzern sollten nicht verwendet werden, da diese zu sehr harzen und das Fleisch mit unnötigen Teerstoffen belastet wird. Viele Quellen behaupten, dass man den Schinken mehrere Wochen räuchern soll. Ich persönlich empfinde das als Schwachsinn. Würde ich meine Schinken über Wochen räuchern, würden sie nach nichts anderen schmecken, als nach Rauch. Als Empfehlung kann ich euch nur sagen, dass ihr meine Art ausprobieren solltet und dann könnt ihr ja selbst entscheiden, ob es gut ist oder nicht. 
Ich hänge meine Schinken in meinen Räucherschrank. Das erfolgt mit S-Haken. Dazu befülle ich meinen externen Rauchgenerator mit einer Ladung Buchenspäne, die ich auf einen Haufen schütte und leicht andrücke. Die Menge beläuft sich ca. auf 1l. Die Späne werden mit Hilfe eines Bunsenbrenners an einer Stelle angebrandt, bis die Glut nicht mehr aus geht. Dann kann die Späne über Nacht durchbrennen. Dann bleibt der Ofen über den Tag aus. Das Fleisch hat damit Zeit sich vom Rauch zu entspannen. Am Abend wird noch einmal neue Späne angesetzt. Diesen Vorgang wiederholt man etwa 3 Tage lang. Bei größeren Stücken, kann man dies auf  5-6 Tage ausweiten. Danach wird der Schinken wieder in einen kühlen Raum gehängt, indem ein leichter Windzug vorhanden ist. Das rauchige Aroma ist am Anfang wesentlich intensiver, als wenn der Schinken ein paar Wochen hängt. 

Wer seinen Schinken dann hängen hat sollte regelmäßig nach ihn schauen. Bemerkt man, dass die Oberfläche zu schnell trocknet, kann man den Schinken mit einer Sprühflasche etwas anfeuchten. Der Inhalt sollte eine Mischung aus Kirschwasser, Wasser und Salz sein. Damit werden gleichzeitig eventuelle Bakterien weiter abgetötet. Sollte der Schinken weißen, pelzigen Schimmel aufweisen, ist irgendetwas nicht gelungen und man sollte das Stück Fleisch entsorgen. Die Erfahrung zwischen Edelschimmel und bösartigen Schimmel sollte sich niemand zutrauen. Man sollte jedoch nicht daran verzweifeln, wenn ein Versuch nicht funktioniert. Das kann viele Ursachen haben, denen man nur schwer auf den Grund kommt. Dies beginnt mit dem pH-Wert des Fleisches. Es geht weiter über mögliche Beschädigungen des Fleisches, wenn das Tier beispielsweise geschlagen wurde oder gestürzt ist. Weiterhin kann während der Verarbeitung nicht hygienisch gearbeitet worden sein oder der Salzgehalt war zu niedrig. 

Wer noch Fragen hat kann gerne fragen.

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